Münster - Bei 40 Grad in den Käfig: Warum eigentlich nicht? Zum Squash gehört Schweiß, wie der Ball zum Schläger. Bei den Münster Open haben die Fans des Rückschlagklassikers ein beeindruckendes Familienfest gefeiert – das freut den besorgten Ralf Brandt.
Bei den aktuellen Temperaturen kann das Aufwärmen schon mal etwas kürzer ausfallen, im konkreten Fall reichen sogar ein paar Textzeilen aus einem kleinen Liedchen zum Warmmachen. Liedermacher Funny van Dannen singt in seinem Song „Als Willy Brandt Bundeskanzler war“ (1969 bis 1974, d. Redaktion), von der Zeit, als Cindy und Bert noch ein Paar waren, als Video noch Latein und CD eine Seife war – und Squash noch kein Sport.
Ralf Brandt, nicht verwandt oder verschwägert, kann zu dem Thema einiges beisteuern. Der Diplomtrainer hat Willy Brandt noch erlebt und weiß bestens Bescheid um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft "seines" Squash-Sports.
Als Willy Brandt Bundeskanzler war, gab es noch keinen Squash?
Brandt: Das passt etwa, in den 70ern ist das losgegangen – und zwar gewaltig.
CDs sind Geschichte, Videos Liebhaberstücke, wie sieht es mit dem Squash aus?
Brandt: Sehr gut, 2028 ist Squash olympisch, in den USA gibt es einen regelrechten Hype, Ägypten ist eine Squash-Nation, es gibt eine Squash-Kanal, da kann man 24 Stunden nonstop Squash schauen.
Klingt super, aber auch überraschend. In Deutschland spürt man davon wenig bis nichts …
Brandt: Das stimmt leider. Deutschland kommt da nicht mit. Da passiert kaum etwas – und es bräuchte schon fast ein Wunder, wenn sich da was ändern sollte. So einen Boris Becker des Squashs – aber der ist derzeit schwer vorstellbar. Und man muss sagen: In Münster geht es uns noch ganz gut.
Münster war mal eine Art Squash-Hochburg mit mehreren Vereinen. Bundesliga und Oberliga, viele Spielstätten – davon ist nicht mehr viel da …
Brandt: Es gibt nur noch wenige gut bespielbare Courts, eigentlich nur an der Borkstraße und ein paar weitere, die aber deutlich in die Jahre gekommen sind.
Dabei funktioniert der alte Rückschlag-Kollege Tennis doch gut – und mit Padel gesellt sich eine topmoderne Mischung aus Tennis und Squash dazu. Ist das zuviel Konkurrenz?
Brandt: Padel ist ein ganz anderer Sport, da geht es um das Event, man kommt zusammen und hat Spaß. Den hat man beim Squash auch, aber Squash funktioniert nur mit einer hohen intrinsischen Motivation. Da geht es bis zur völligen Erschöpfung. Das ist das Tolle an einem tollen Sport, aber das muss man auch wollen.
Und warum sollte das nicht mehr gewollt sein?
Brandt: Weil das nicht in diese Zeit passt. Die Diskussion ist nicht neu, aber dass es bei Bundesjugendspielen nur noch Teilnahmeurkunden gibt, verdeutlicht das Dilemma. Ohne den Leistungsgedanken und den Willen, an seine Grenzen zu gehen, entwickelt sich im Sport nichts – und im Squash schon gar nicht.
Ralf Brandt (l.) vom Organisationsteam hatte an den Münster Open so gar nichts auszusetzen, blickt aber skeptisch in die Zukunft des Squashsports Foto: Ansgar Griebel
Wer spielt denn noch?
Brandt: Zum einen tatsächlich die alten Haudegen, die vor 40 Jahren angefangen haben. Aber da muss man nicht anfangen zu rechnen, die werden langsam alt. Das sieht man am Betriebssport, der war ein großes Ding früher, jetzt sind die Spieler angeschlagen oder in Rente. Aber unser Angebot an Studenten mit den Monatskarten, mit denen man so oft spielen und anschließend saunieren kann, kommt sehr gut an. Leider kriegen wir die Schulen nicht an Bord. Wir haben es häufig versucht, aber viele Schulen wollen auch aus Kostengründen nicht aus ihren Hallen – und interessierte Lehrer scheint es auch nicht zu geben. Wir haben versucht, Schulmeisterschaften auszurichten: Eine Schülerin, ein Schüler und ein Lehrer bilden das Schulteam – nicht eine Rückmeldung.
Wie geht es also weiter?
Brandt: Hier beim Squashboard sind wir ganz zufrieden, hier wird noch viel gespielt, den großen Turnaround erwarte ich ehrlicherweise nicht mehr – trotz Olympia …
Aber zur alten Mentalität aus Willy Brandts Zeiten, zählt ja bekanntlich: Aufgeben ist keine Option.
Brandt: Tun wir auch nicht, wir wollen weiterhin mindestens drei Mannschaften für den Ligabetrieb melden und dann einmal im Jahr die Münster Open ausrichten.
Die erstmals kein Ranglistenstatus hatte ….
Brandt: Das stimmt und das war auch gut so. Als Ranglistenturnier wäre es nicht möglich gewesen, gleichzeitig ein Hobbyspielerfeld ins Rennen zu schicken, und das war uns sehr wichtig.
Und die Zukunft kann so düster nicht sein. Im B-Feld hat mit Mats Efken ein Elfjähriger gewonnen …
Brandt: Und im Finale Rainer Fuhlhage Maille geschlagen, der hat mal Bundesliga gespielt. Bei Mats hat man den ganzen Tag gespürt, der will auf den Platz, der will den Ball an die Wand schlagen. Und er hat nie aufgegeben. Leider ist er die Ausnahme, die Regel sieht anders aus.
Bericht der Westfälischen Nachrichten - Von Ansgar Griebel